Es dürfte wohl nicht mehr lange dauern bis das Freihandelsabkommen zwischen der Europäischen Union und Vietnam (EVFTA) unterzeichnet wird. Eine Frage, die hier oft gestellt wird ist, ob durch dieses Freihandelsabkommen die Menschenrechtssituation in Vietnam verbessert werden kann. Der im Exil lebende Rechtsanwalt und Menschenrechtsaktivist Nguyễn Văn Đài über Möglichkeiten des Freihandelsabkommens.
Die EU hat sich selbst zum Schutz der Menschenrechte verpflichtet. Das schrieb sie sich damals ganz an den Anfang des Vertrages über die Europäische Union. Dabei werden nicht nur die Menschenrechte innerhalb des eigenen Staatenbundes gemeint, sondern auch weltweit. So scheint eigentlich ein Freihandelsabkommen mit Vietnam als undenkbar, da das südostasiatische Land zu den Ländern mit dem schlechtesten Menschenrechtsindex gehört. Die Lösung ist da nur eine Menschenrechtsklausel, die in den Abkommen zwischen der EU und dem Drittstaat, in diesem Fall Vietnam, festgelegt ist. Eine Verletzung der Menschenrechte durch eine Seite, kann zur Aufhebung oder sogar Aussetzung des Freihandelsabkommens führen.
Das Freihandelsabkommen als Druckmittel gegen Vietnam
Die Europäische Union und Vietnam werden wohl im Oktober das Freihandelsabkommen unterzeichnen. Rechtsanwalt Nguyễn Văn Đài sieht darin ein Druckmittel für die Verbesserung der Menschenrechte und ein Werkzeug für die Demokratisierung Vietnams. Dennoch müsste die EU noch mehr tun. Nguyễn Văn Đài fordert das Europäische Parlament mehr für die Verbesserung der Menschenrechte in Vietnam zu tun. So hat Vietnam während den laufenden Verhandlungen in den letzten drei Jahren circa 260 Menschenrechtsaktivisten in Haft genommen, einige von denen sollen eine Haftstrafe von bis zu 20 Jahren bekommen haben. Andere Aktivisten haben Asyl im Ausland beantragt. Konkret fordert Nguyễn Văn Đài das Europäische Parlament dazu auf, der Unterzeichnung erst zuzustimmen, wenn in Vietnam alle Aktivisten freikommen.
Vietnam stimmt dem Übereinkommen 98 der Internationalen Arbeitsorganisation zu – aber erst 2023
Bisher duften in Vietnam keine Gewerkschaften zur Interessenvertretung der Arbeitnehmer gegründet werden. Doch jetzt plant Vietnam dem Übereinkommen 98 der Internationalen Arbeitsorganisation zuzustimmen und wird dieses Thema demnächst auch in der vietnamesischen Nationalversammlung besprechen. Doch wird die Umsetzung des Übereinkommen 98 noch bis 2023 dauern. Das bedeutet, dass Gewerkschaften, die schon davor gegründet werden, eventuell unter die Kontrolle der Kommunistischen Partei Vietnams geraten, wie Rechtsanwalt Nguyễn Vân Đài vermutet. Diese könnten in dem Zeitraum bis 2023 in allen Brachen und Sektoren dominieren und würden anderen Gewerkschaften, die sich erst später gründen, keinen Platz mehr lassen.
Das gesamte Interview (auf Vietnamesisch) mit Rechtsanwalt Nguyễn Văn Đài finden sie hier.
Hoàng Chính – Thoibao.de